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Bevor ich, dann doch – vor mehr als 10 Jahren – als Trauerredner begann, stellte ich mir viele, viele Fragen, die eine erfüllende Tätigkeit als Trauerredner um Jahre behindert, beinahe verhindert hätten.

Auf jeden Fall habe ich wertvolle Jahre verloren.

Folgend meine Hitliste der „Zweifelfragen, die jeder kennt“

  • Will ich mich wirklich mit dem Thema „Tod“ beschäftigen und warum?
  • Kann ich das überhaupt? Bin ich dafür geeignet?
  • Bin ich einer Trauersituation überhaupt gewachsen?
  • Wie soll ich mit trauernden Angehörigen umgehen?
  • Welches Wissen brauche ich, um Trauernde in dieser Extremsituation aufzufangen, zu stützen und zu begleiten?
  • Kann ich das Thema „Sterben und Tod“ für mich selbst auf Dauer verarbeiten?
  • Wie ist der Ablauf, die Struktur einer Rede und Trauerfeier?
  • Wie funktioniert eine Grablegung?
  • Wie und wann verfüge ich über ausreichend Fachkenntnisse?
  • Wo gibt es eine Struktur? Einen „roten Faden“ und Antworten auf all diese komplexen Fragen?
  • Traue ich mir zu vor größeren Gruppen zu sprechen?
  • Mein schlimmster Glaubenssatz: „Ich kann keine „fesselnden“ Texte schreiben“
  • Wie soll ich mich selbst vermarkten?
  • Wer sind meine richtigen Ansprechpartner?
  • Was ist, wenn ich es nicht schaffe, wenn ich versage?
  • Was werden meine Freunde, Arbeitskollegen und Familie denken?
  • Wo finde ich ein geeignetes Forum und wo kann ich mich seriös informieren, bevor ich meine Entscheidung treffe?

Heute möchte ich, dass wir uns diesen Fragen gemeinsam stellen und selbstkritisch hinterfragen:

  • Woher kommt eigentlich dieser umfangreiche Fragenwurm und wieso stellt sich ein erwachsener Mensch solch ein unglaubliches Sammelsurium von Fragen?
  • Wieso glauben wir so wenig an uns selbst und an unsere Fähigkeiten, sodass wir bei neuen Aufgaben so unsicher werden?

Auch ich gehörte zu den Zweiflern!

In diesem Artikel, den Anspruch der vollständigen Beantwortung all dieser komplexen Fragen gerecht zu werden, käme Allmachtsfantasien gleich. Einen Versuch auf Grund meiner Erfahrungen will ich dennoch wagen und ich möchte Sie dazu ermutigen, auch diesen Versuch für sich selbst zu starten – jetzt!

Versuchen Sie einfach für sich selbst den obigen Fragenkatalog zu beantworten. Auch ein Anfang ist bereits ein Erfolg!

Doch zurück zum Beginn meiner damaligen „Karriere“ als TrauerRedner.

Nach dem Tod meines Bruders und 3 Jahre später dem Tod meiner Mutter, habe ich nach beiden Trauerfeiern, meinen festen Entschluss gefasst:

Hier muss sich was ändern und zwar grundsätzlich und schnell!

Beide Reden wurden vom gleichen – damals einzig verfügbaren TrauerRedner, einem älteren Herrn und erfahrenem Vereinsredner, gehalten.

Wahrscheinlich ist Ihnen das Gefühl nicht unbekannt, wenn man während der Trauerfeier damit beginnt, die Anzahl der sauber verlegten Backsteine an der Wand hinter dem Sarg von links oben nach rechts unten oder die Anzahl der Kerzen und Blumen im Raum durchzuzählen. Der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt … aber ist das der Sinn einer Trauer-/ Erinnerungsfeier?

Ist das im Sinne der trauernden Angehörigen und des Verstorbenen? Immer in dem Bewusstsein und dem Gedanken „von wem redet der da vorne eigentlich?“ Wir haben ihm doch so viele schöne Geschichten und lustige Anekdoten meiner Mutter, einer Frau die 8 Kinder geboren hat, erzählt. Auch ein liebevolles Gedichtbüchlein für die Enkelkinder hat sie geschrieben. Wenig Persönliches wurde gesagt – wir, die ganze Familie, waren tief enttäuscht.

Als Ersatz nutzte unsere Familie das anschließende Beisammensein im Café. Alle, die gesamte Trauergesellschaft waren mitgekommen. Alsbald wurde überall intensiv über das Leben meiner Mutter gesprochen. Vieles gab es zu erzählen. Unglaublich viele schöne Geschichten waren sogar mir nicht bekannt oder ich hatte sie vergessen. Es wurde geweint, gehadert, gelächelt und über besonders schöne Erinnerungen auch herzlich gelacht. Diese gemeinsamen Stunden sind für uns alle unvergessen.

Seit dieser Zeit empfehle ich aktiv allen meinen Trauerfamilien, das anschließende Beisammensein und die schönen verbindenden Erzählungen zu nutzen. Auch das ist initiierte Trauerarbeit und gehört zu den Aufgaben des TrauerRedners.

Mein Entschluss stand felsenfest:
Ich werde TrauerRedner, trotz aller meiner Bedenken in meinem Kopfkino!

Natürlich habe ich mich sofort an die Arbeit gemacht und meinen Marketingplan entworfen. Ich bin schließlich ein Profi und habe in meinem Vorleben Marketing studiert, ich war lange erfolgreich im Vertrieb tätig, ich hatte Spaß daran Menschen etwas zu verkaufen.

Verkaufen kann ich; meiner Meinung nach die beste Voraussetzung für einen erfolgreichen TrauerRedner. Der TrauerRedner ein „Verkäufer“? Ein grober Irrtum, wie ich später schmerzvoll feststellen musste, nachdem ich viel Geld und Zeit sprichwörtlich in den Sand gesetzt hatte .

Der Tod ist nicht irgendein Produkt!

Wen konnte ich neben meiner Frau noch „ ins Boot“ nehmen?

Die Antwort damals war recht schnell gefunden und einfach, trotz intensiver Recherchen: Leider niemanden. Viele gute Freunde hielten davon gar nichts oder waren mit ihren eigenen Dingen beschäftigt, hatten dann in diesem Kontext immer weniger Zeit für mich und mein Anliegen. Die üblichen kirchlichen Institutionen brachten mich auch nicht weiter und eine gute Ausbildung, ein Trauerredner Netzwerk o.ä. gab es vor mehr als 10 Jahren auch nicht. Im Internet standen nur Floskeln. Meine Anfragen bei alten, erfahrenen „TrauerRednern“ wurden belächelt oder ignoriert.

Daraufhin besuchte ich viele Büchereien und kaufte mir Dutzende von Büchern. Gott sei Dank, unterstützte mich meine Frau, sie ist selbst ein „Bücherwurm“, fleißig bei der Auswahl. Welches Glück oder Schicksal, gerne auch beides: in den zu lesenden Bücherstapeln befand sich das damalige Erstlingswerk von einem Dr. Dirschauer.
Er war der erste Mensch in Deutschland, der sich fundierte Gedanken über die Abläufe einer Trauerfeier machte und eine sinnvolle Struktur, einen „roten Faden“ in nachvollziehbarer Schriftform veröffentlichte. Er ist letztendlich „schuld“ daran, dass ich Trauerredner wurde und sein Buch gab mir unglaubliche Inspiration und Motivation. Für mich ist er der Vordenker für die TrauerRedner-Kultur in Deutschland.

Ich bin Dr. Dirschauer noch heute für sein Buch sehr dankbar, obwohl ich ihn leider bisher nicht persönlich kennenlernen konnte.

Und weiter ging es damals mit meiner Selbstvermarktung

Der klassische Verkauf funktionierte in diesem Kontext überhaupt nicht. Ich habe im Rhein-Main-Gebiet wirklich über einhundert Bestatter persönlich besucht (Klinken geputzt nach dem Gesetz der großen Zahl) und hatte immer noch keinen einzigen Auftrag. Was machte ich nur falsch? Keiner hat es mir offen gesagt. Meinen ersten Auftrag bekam ich damals über einen mir bekannten, alteingesessenen Bestatter, dem ich bis heute dankbar bin. Ich glaube, sie haben es aus Mitleid mit mir versucht, nachdem ich von meiner erfolglosen Bestatter-Rallye erzählt habe.

Erst nach einer klaren Selbstreflektion und intensiver Beschäftigung mit meiner Zielgruppe, sowie Kundenanalyse ist mir klar geworden, wie die Bestatterszene, die Hauptauftraggeber eines TrauerRedners, tickt. Das Thema Selbstvermarktung ist ein wichtiger Teil unserer Ausbildung und würde hier und jetzt den Rahmen sprengen.
Mein Vorschlag: Gerne können Sie mich persönlich kontaktieren, natürlich kostenfrei und unverbindlich.

Nach Anpassung meiner Vermarktungsstrategie interessierten sich immer mehr Bestatter für meine Person und meine Art der Erinnerungsfeiern. Und dafür, diese auf eine ganz individuelle und persönliche Weise würdevoll und angemessen durchzuführen.

Immer ganz nahe bei den Angehörigen als „Fels in der Brandung“.

Im Laufe der Zeit wurde mir immer mehr bewusst, welche immense Verantwortung wir TrauerRedner im Umgang mit den Angehörigen übernehmen müssen. Die intensiven und offenen Gespräche, selbstverständlich unter Schweigepflicht, sind wunderbar und einmalig.
Hartgesottene Unternehmer, die in dieser Situation Gefühle zeigen, seit Jahren zerstrittene Familien die wieder gemeinsame Worte finden, einsame Witwen/ Witwer bedürfen unserer besonderen Fürsorge und Aufmerksamkeit und ganz besonders Angehörige von Unfallopfern, Suizid und Kindern.

Sie spüren, Sie können vielleicht jetzt schon erfassen, wie komplex dieser Beruf, diese Berufung ist, wenn wir Angehörige und deren Trauer wirklich ernst nehmen. Wenn ich an meine Anfänge zurückdenke, war mir diese Tragweite, diese unglaublichen und intensiven Gespräche mit Angehörigen und deren Wichtigkeit und Bedeutung nicht bewusst gewesen. Erst viel später habe ich meine Angehörigen, meine trauernden Familien wirklich verstanden und erst dann war ich ein wertvoller Begleiter in dieser schweren Zeit.

Ich habe ihnen weiter oben versprochen, dass ich nicht alle Fragen in diesem kleinen Artikel beantworten kann. Auch mein Lektor mahnt mich schon an und sagt „Martin, du sollst kein Buch schreiben!“ Vielleicht schreibe ich in ein paar Jahren wirklich ein Buch über meine Lieblings- Berufung, in die ich persönlich sehr viel hineingebe und jeden Tag unglaublich viel Wertvolles zurückbekomme.

Ich wünsche allen Lesern eine gute und gesunde Zeit.

Ihr Martin Schneller
Trauerredner und Gründer der 1. TrauerrednerAkademie